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Es geht! Anders.

Ansprache von Bernhard Heuberger in der Wortgottesfeier in Ebing.

MISEREOR-Sonntag 21. 3. 2021

 

 

Liebe Gemeinde,

zum diesjährigen MISEREOR-Sonntag gibt es einen Leitspruch, der nicht auf Anhieb eingängig ist. Vielleicht haben Sie ihn ja auf dem Plakat oder sonst irgendwo gelesen. Der Spruch heißt:

„Es geht! Anders“.

In diesem Spruch sind für mich zwei positive Botschaften enthalten: Zum einen die positive Botschaft „Ja, es geht!“. Und dann die herausfordernde und ermutigende Botschaft „Anders.“.

Was soll „gehen“ und wie „anders“?

Mich hat dieses Motto jetzt seit einiger Zeit begleitet, und ich möchte Sie einfach einladen, mit mir heute diesen Satz aus verschiedenen Blickwinkeln anzuschauen.

„Es geht! Anders“.

Heute: Der MISEREOR-Sonntag. Die Aktion MISEREOR als großes kirchliches Hilfswerk in Deutschland hat eine wichtige Aufgabe. Sie ist mehr als eine medienmäßig glänzende Spendengala. Sie hat die Aufgabe, uns als Christen immer wieder den globalen Blickwinkel zu bringen.

Wir sind in dieser Zeit in Gefahr, dass die Corona-Pandemie unsere Aufmerksamkeit so in Beschlag nimmt, dass wir vergessen, wie unsere Erde und die Menschheit noch auf ganz andere Weise bedroht sind. Da ist die soziale Ungerechtigkeit in unserem Land und zwischen den Erdteilen, die immer weiter sich öffnende Schere zwischen den Ausgenutzten und den Profiteuren. Da haben wir wirklich einen Klimawandel und ein Aussterben der Artenvielfalt, das bedrohliches Tempo  angenommen hat. Und dann haben wir die Gewalt durch die autoritären Regierungen und Ideologien, die immer mehr auf dem Vormarsch scheinen.

Ich weiß gut genug, wie viele bei uns wirklich an Corona leiden. Ich kenne Familien, die im Homeoffice und Homeschooling „am Rad drehen“, ich kenne Arbeitnehmer und Geschäftsleute, die nicht wissen, wie es weitergehen soll, ich kenne die alten Menschen in ihrer Vereinsamung. Und die, die wirklich leiden an der Krankheit und ihren Folgen oder gar um einen Verstorbenen trauern. Ganz viele Schicksale kenne ich in meinem nächsten Umfeld.

Aber zum heutigen Sonntag möchte ich schon mal provozierend die Frage stellen: Sind wir nicht doch manchmal in der Gefahr, die Maßstäbe zu verschieben?

Viele Menschen in unserem Land sind traurig, dass wir keine großen Reisen machen dürfen. Und ich sehe gleichzeitig, dass so viele Menschen gerne zuhause blieben, doch viele sind auf der Flucht vor Gewalt und Unterdrückung in ihrer Heimat in eine ungewisse Zukunft, vielleicht in den Tod.

Ich weiß, dass es für viele von uns schade ist, dass wir nicht essen gehen können und im Gasthaus zusammensitzen. Ich weiß aber auch, dass es Menschen gibt, die froh wären, wenn sie irgendwohin gehen könnten und etwas zu essen bekämen für sich und ihre Kinder. Und auch das Geld hätten, es zu bezahlen.

Ich weiß  sogar, dass es nervig sein kann, keinen Friseurtermin zu bekommen. Aber wenn ich an die misshandelten und entwürdigten Frauen denke, die auf der Flucht sind, dann merke ich, dass es Menschen gibt, deren Würde nicht mit einem Friseurtermin wiedergutzumachen ist.

Ich glaube, in all dem, in dieser Welt, in dieser Situation, braucht es Menschen, die genau hinschauen, Menschen, die die Augen offenhalten über die eigenen Einschränkungen hinaus. Die wachsam sind und bereit sind, auch in Solidarität mit den andren zu leben.

Es geht! Anders.

Ich weiß nicht, ob sie sich einmal die spannende Frage gestellt haben: Was hat jetzt dieses Corona-Jahr eigentlich für mich verändert? Was hat es mit mir gemacht? Habe ich besser gemerkt, was für mich wirklich wichtig, was unverzichtbar ist? Bin ich aufmerksam geworden, welche Menschen mir wichtig sind und wie ich achtsam und anders mit ihnen umgehen kann? Und für mich die Frage: Hab ich ein bisschen mehr gelernt, auszuhalten? Habe ich ein bisschen mehr gelernt, meine Hilflosigkeit hinzunehmen als einen Teil von mir und von meinem Leben?

Am Ende kommt dann immer noch der Satz: „Gesundheit ist doch das Wichtigste!“. Ich glaube, so schnell sollte man diesen Satz gar nicht sagen. Was wirklich für mich das Wichtigste im Leben?

Es geht! Anders. Vieles geht. Anders.

Über diesem Jubiläumsjahr in Ebing steht ja das Motto: „Mein Glaube – ein Plus für mein Leben“. Man könnte den Satz natürlich auch missverstehen. Als sei Glaube so die Komfortzone des Lebens, als sei Glaube so ein Wellnessfaktor und eine Pfarrei so etwas wie ein Dorfverschönerungsverein.

Sicher, gelebter Glaube gibt uns Geschmack am Leben und er gibt uns auch Ausstrahlung. Und wie schön Glaube das Miteinander im Dorf gestalten kann, darf man beim Jubiläum im Rückblick ja auch dankbar anschauen.

Aber: Echter Glaube ist nicht das „So wie immer“. Echter Glaube muss immer sein: Das-in-Frage-Stellen von „Weiter so, dass alles bleibt.“ Es geht um mich ganz persönlich, es geht um das Miteinander der Gemeinde und es geht um das globale Miteinander der Menschheit.

Es geht! Anders.

Dass es Leute gibt, die sich heute „Querdenker“ nennen, finde ich irgendwie schon seltsam. Man hat den Eindruck, dass da viele mitlaufen, die nur den maximalen Komfort für sich selbst und die minimale Verantwortung für andere wollen. Vielleicht sollten sie eher als „Verquerdenker“ bezeichnet werden.

Warum ich das sage: Ich meine nämlich, wir Christen sollten in unserer Gesellschaft, in unserer Welt die wirklichen Querdenker sein, diejenigen, die den Finger auf das Leid und die Wunden legen, diejenigen, die die Vergessenen und Hinten-Herunter-Gefallenen im Blick behalten. Wir Christen sollten die sein, die die wirkliche Solidarität leben, wirklich neue Wege des Zueinander und Miteinander finden.

Lassen wir uns sagen: Ihr Christen seid nicht die, die das tun, was alle machen, sondern ihr Christen müsst die sein, die genau hinschauen und es aushalten müssen, anders zu sein.

„Mein Glaube – ein Plus für mein Leben.“

Es geht! Anders.

Vielleicht lässt jetzt mancher den Kopf hängen und sagt: „Was? Noch anders? Es ist doch so vieles, was nicht mehr so ist, wie es sein soll! Was sollen wir noch anders machen? Noch mehr Zähne zusammenbeißen? Noch mehr schlechtes Gewissen haben?“

Nein, eben das nicht. Die Botschaft unseres Glaubens ist eine andere: Unser Gott ist nicht ein Gott des Muss. Er ist ein Gott, der herausruft, der befreit, ein Gott des Aufbruchs. Jesus zeigt in seinem Leben, in seinem Umgehen mit den Menschen:

Es geht! Anders.

Wie er die Leidenden und Kranken umarmt, wie er den Verstoßenen neue Würde gibt, wie er die Überheblichen konfrontiert.

Es geht! Anders.

Das Bild dafür haben wir heute im Evangelium gehört: Das Weizenkorn darf nicht herumliegen. Das Weizenkorn muss in die Erde fallen und sterben.

Nicht festhalten.

Loslassen.

Auferstehen.

Das ist die Feier dieser Tage. Das ist unser Glaube.